Durch Diplom-Psychologe Dr. Matthias Probandt
Jeder, der sich selbst weiterentwickeln möchte und dabei professionelle Hilfe in Anspruch nimmt, wird nicht nur die Wahl zwischen verschiedenen therapeutischen „Schulen“ haben, sondern auch zwischen verschiedenen so genannten Settings, d. h. im Rahmen einer Einzelarbeit oder einer Arbeit – sofern es sich um Beziehungsprobleme handelt – als Paar oder einer Arbeit im Gruppensetting.
Innerhalb der meisten therapeutischen Schulen, z. B. der gestalttherapeutischen, gibt es wiederum therapeutische, beratende, supervisorische, beziehungsklärende oder coachingzentrierte – ergänzend auch pädagogische – sowie selbsterfahrende Ansätze. Die so genannte Differentialindikation, das ist das Fachwort für die Unterscheidung zwischen den Schulen, den Settings und den Ansätzen bzw. Methoden, hilft dabei, sich für den möglichst weiterführendsten Weg zu entscheiden.
Während die Einzelarbeit eine intensive, interpersonelle Fokussierung ermöglicht, ist das Arbeiten an der Beziehung in einer Paarsituation durch den Therapeuten / Coach etc. oft eher indirekt begleitend und die Arbeit in der Gruppe eher moderierend, wodurch die Intensitätsgrade im Kontakt zum jeweiligen Therapeuten / Coach und den Klienten sich deutlich unterscheiden. Unterschiedlich ist dabei auch die Intensität der Rückmeldungen.
In der Einzelarbeit ist der geschützte, eher private Rückmelderaum sehr begrenzt, während er im Gruppensetting stark erweitert wird und eine Vielzahl unterschiedlicher Rückmeldungen quasi „öffentlich“ (bezogen auf die Mitglieder der Gruppe) stattfindet. Dabei ist es üblich – und so wird es auch von mir gehandhabt –, dass die Gruppenmitglieder sich verpflichten, das Erlebte nicht nach „außen“ zu kommunizieren.
Dennoch ist es eine Herausforderung, seine jeweilige Thematik und Problematik mit neun anderen Menschen zu teilen (meine Gruppen bestehen jeweils aus zehn Personen), weil die Scham, in seiner Eigenart sichtbar zu werden, oft eine große Herausforderung ist. Ich glaube, dass diese drei Settings konstruktiv aufeinander aufbauen können, so dass z. B. nach einer Zeit des Einzelsettings auch mal der Partner oder die Partnerin mitgebracht werden können – oder innerhalb einer so genannten Familienkonferenz auch die ganze Familie – und dass die Erfolge der Einzelarbeit in einem Gruppensetting „in vivo“ hervorragend praktisch umgesetzt werden können. Dabei ist gerade das Gruppensetting die Chance, sich den verbreitetsten Themen wie Kommunikations-, Konfliktbearbeitungs- und Beziehungsproblemen ganz allgemein so zu stellen, dass sich die Situation echt und durchaus bedrohlich anfühlen kann und sie doch im Rahmen eines „gesicherten Notfalls“ kontrollierbar bleibt.
Dipl.-Psych. Dr. phil. Matthias Probandt
Diplom-Psychologe / Psychotherapeut / Gestalttherapeut