Für alle, die mit Menschen arbeiten, gilt: Beziehungsebene vor Sachebene. Friedemann Schulz von Thun hat in "Miteinander reden" (Rowohlt Taschenbuch Verlag) - einem sehr anschaulich geschriebenen Buch über Kommunikation - gut dargestellt, wie menschliches Miteinander weniger von den Inhalten als von den zwischenmenschlichen Prozessen abhängig ist. Ob wir selbst therapeutisch, heilend oder pflegend, begleitend oder unterstützend im sozialen Bereich oder ob wir führend, geführt werdend oder kollegial agierend in anderen Bereichen tätig sind: Wir brauchen eine Außensicht - auch Fremdwahrnehmung genannt - unseres Verhaltens. Diese zweite Meinung neben unserer eigenen über uns selbst ermöglicht es uns, uns immer wieder neu zu erfahren. Dadurch können wir Reaktionen, die auf unser Verhalten erfolgen, besser verstehen und daraus lernen. Dieser „dritte Mensch am Schachbrett des Lebens“ (erstens Sie, zweitens Ihr Interaktionspartner, drittens Ihr Supervisor) ermöglicht es Ihnen, Verständnis für sich selbst und andere auf einer Ebene zu entwickeln, die Ihnen alleine nicht zugänglich wäre.
Supervision kann klassischerweise Fall-orientiert sein (also sich auf die Interaktion mit den Menschen beziehen, mit denen Sie beruflich zu tun haben: Patienten / Klienten, Mandanten, Kunden, Geschäftspartner etc.) oder Team-orientiert sein (also sich auf die Interaktion, die Sie mit Ihren Kollegen oder direkten Vorgesetzten oder direkt nachgeordneten Menschen haben, beziehen).
Supervision kann sich aber auch auf Ihr so genanntes „Inneres Team“ fokussieren, d. h. die verschiedenen Anteile in Ihnen sichtbarer werden lassen und so Ihre inneren Kräfteverhältnisse offenlegen bzw. Ihre internen „Parlamentsbeschlüsse“ transparent werden lassen. Meistens ist in der supervisorischen Arbeit von allem etwas dabei, so dass sich im Idealfall in Ihnen ein umfassenderes Verständnis für die – schwerpunktmäßig beruflichen – Wechselwirkungen zwischen Ihnen und der Welt entwickeln kann.
Supervision kann im Einzelsetting oder auch im Gruppensetting oder auch im Teamsetting bzw. Abteilungssetting durchgeführt werden.
Jeder Supervisor sollte ein Menschenbild haben, das ihn handlungstheoretisch bei der Arbeit leitet. Mein Leitbild bei der supervisorischen Arbeit ist die gestalttherapeutische Idee der Selbstregulation und der begegnenden Arbeit im Hier und Jetzt.
Es ist nie einfach, ein gut geglaubtes Bild von sich in Frage stellen zu lassen, aber wer sich einmal durch die Spiegelung eines anderen wahrnehmen konnte und die dabei entstehende Bereicherung erleben durfte, wird nicht mehr darauf verzichten wollen.
Dipl.-Psych. Dr. phil. Matthias Probandt
Diplom-Psychologe / Psychotherapeut / Gestalttherapeut